Hashimoto, Rheuma, Reizdarm? Autoimmunerkrankungen einfach erklärt

Wenn das Immunsystem zum Angreifer wird

Müde, erschöpft, gereizte Verdauung oder diffuse Schmerzen? Viele Menschen leben mit Symptomen, die keine eindeutige Ursache zu haben scheinen. Was, wenn der eigene Körper sich selbst angreift? Autoimmunerkrankungen sind auf dem Vormarsch – betroffen sind Millionen, oft ohne es zu wissen. Dieser Artikel erklärt einfach und verständlich, was eine Autoimmunerkrankung ist, welche Symptome typisch sind und was dahintersteckt

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Was ist eine Autoimmunerkrankung?

Autoimmunerkrankungen entstehen, wenn das Immunsystem körpereigene Zellen für fremd hält und sie angreift. Eigentlich dient das Immunsystem dem Schutz vor Viren, Bakterien oder anderen Krankheitserregern. Bei einer Autoimmunreaktion jedoch richtet sich dieser Schutzmechanismus gegen gesunde Organe, Gewebe oder Zellen des eigenen Körpers.

Es gibt über 80 bekannte Autoimmunerkrankungen. Einige sind sehr bekannt, andere eher selten. Zu den bekanntesten zählen:

  • Hashimoto-Thyreoiditis – betrifft die Schilddrüsenfunktion
  • Rheumatoide Arthritis – betrifft Gelenke und das Bindegewebe
  • Colitis ulcerosa / Morbus Crohn – betreffen den Darm
  • Psoriasis (Schuppenflechte)
  • Lupus erythematodes (SLE)

Allen gemeinsam ist: Das Immunsystem „verwechselt“ gesund mit gefährlich – und löst dadurch Entzündungsprozesse aus, die oft chronisch verlaufen.

Typische Symptome: Wie fühlt sich eine Autoimmunerkrankung an?

Autoimmunerkrankungen sind oft schwer zu erkennen, weil ihre Symptome sehr unterschiedlich sein können – und sich mit anderen Erkrankungen überschneiden. Dennoch gibt es einige typische Anzeichen, die Betroffene häufig beschreiben:

  • Chronische Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue)
  • Gelenk- oder Muskelschmerzen
  • Verdauungsbeschwerden, Blähbauch, Reizdarm
  • Hautveränderungen, Rötungen, Ausschläge
  • Ungewollter Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme
  • Haarausfall, brüchige Nägel
  • Konzentrationsprobleme, Brain Fog
  • Kältegefühl trotz normaler Temperaturen

Was ist eine Autoimmunerkrankung? Viele Symptome wirken unspezifisch und werden lange nicht ernst genommen. Gerade bei Frauen zwischen 20 und 50 Jahren bleiben Autoimmunerkrankungen oft jahrelang unentdeckt.

Was sind die Ursachen für Autoimmunerkrankungen?

Warum das Immunsystem plötzlich entgleist, ist noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch mehrere Faktoren, die als Auslöser oder Verstärker infrage kommen:

  • Genetische Veranlagung: Autoimmunerkrankungen treten häufig familiär gehäuft auf.
  • Hormonelle Einflüsse: Viele Autoimmunerkrankungen betreffen vor allem Frauen – oft in hormonellen Umbruchphasen (Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre).
  • Umweltgifte und Schadstoffe: Pestizide, Schwermetalle oder Plastikbestandteile könnten das Immunsystem negativ beeinflussen.
  • Chronischer Stress: Psychische Belastung kann die Balance im Immunsystem stören und entzündliche Prozesse fördern.
  • Infektionen: Bestimmte Viren (z. B. Epstein-Barr-Virus) stehen im Verdacht, Autoimmunprozesse anzustoßen.
  • Darmgesundheit: Ein durchlässiger Darm („Leaky Gut“) wird mit Autoimmunreaktionen in Verbindung gebracht.

Meist liegt keine einzelne Ursache vor, sondern ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren („multifaktorielles Geschehen“).

Symptom Betroffener Bereich Typische Erkrankung
Chronische Müdigkeit Stoffwechsel / Immunsystem Hashimoto-Thyreoiditis
Gelenkschmerzen Bewegungsapparat Rheumatoide Arthritis
Hautausschlag / Schuppen Haut Psoriasis
Verdauungsprobleme Darm Morbus Crohn, Colitis ulcerosa
Haarausfall Haut & Hormone Lupus erythematodes, Hashimoto
Konzentrationsstörungen Nervensystem Multiple Sklerose, Hashimoto

Diagnose: Wie erkennt man eine Autoimmunerkrankung?

Die Diagnose ist oft eine Herausforderung – gerade weil die Beschwerden unspezifisch sind und sich mit vielen anderen Erkrankungen überschneiden. Wer über längere Zeit unter Symptomen leidet, sollte sich an eine:n Hausarzt oder Facharzt (z. B. Rheumatolog:in, Endokrinolog:in, Gastroenterolog:in) wenden.

Zur Diagnostik gehören in der Regel:

  • Anamnese: Ausführliches Gespräch über Beschwerden, Lebensstil, familiäre Vorerkrankungen
  • Blutuntersuchungen: Suche nach Entzündungswerten und Autoantikörpern (z. B. ANA, TPO-Antikörper, CCP)
  • Bildgebung: Ultraschall, MRT oder Szintigrafie bei Verdacht auf Organschäden
  • Stuhltests: Bei Darmbeteiligung, z. B. Calprotectin oder Zonulin

Die richtige Diagnose erfordert Zeit, Geduld und manchmal auch mehrere Fachmeinungen. Wichtig ist: Betroffene sollten sich ernst genommen fühlen und ihre Symptome dokumentieren.

Behandlung: Was hilft bei Autoimmunerkrankungen?

Eine vollständige Heilung gibt es bisher nicht – aber es gibt viele Möglichkeiten, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Ziel der Behandlung ist es, Entzündungen zu kontrollieren, das Immunsystem zu regulieren und Schübe zu verhindern.

Typische schulmedizinische Therapien:

  • Immunsuppressiva: Medikamente wie Kortison oder Methotrexat dämpfen die Immunreaktion
  • Biologika: Neue Wirkstoffe, die gezielt bestimmte Entzündungsbotenstoffe blockieren
  • Hormontherapien: z. B. bei Hashimoto oder Nebenniereninsuffizienz

Ganzheitliche Ansätze & Lebensstil-Änderungen:

  • Ernährungsumstellung: Antientzündliche Ernährung, Glutenverzicht, AIP-Diät oder vegane Ansätze
  • Stressreduktion: Yoga, Meditation, Atemübungen und mehr Achtsamkeit
  • Darmgesundheit stärken: Probiotika, Darmsanierung, ballaststoffreiche Kost
  • Bewegung: Sanfte, regelmäßige Bewegung stärkt Immunsystem und Wohlbefinden

Viele Betroffene profitieren von einer Kombination aus schulmedizinischer Therapie und einem individuellen Lebensstilkonzept. Wichtig: Selbsthilfegruppen oder psychologische Begleitung können emotionalen Halt bieten.

Leben mit einer Autoimmunerkrankung: Alltag & Tipps

Ein Leben mit einer Autoimmunerkrankung bringt Herausforderungen mit sich – aber auch neue Chancen, besser auf sich selbst zu achten. Viele Betroffene berichten, dass sie durch ihre Erkrankung gelernt haben, die eigenen Bedürfnisse ernster zu nehmen und Grenzen besser wahrzunehmen.

Praktische Tipps für den Alltag:

  • Energiehaushalt managen: Pausen einplanen, Überlastung vermeiden („Pacing“)
  • Trigger vermeiden: Lebensmittel, Stressoren, Umweltgifte identifizieren und meiden
  • Tagebuch führen: Symptome, Ernährung, Schübe dokumentieren – das hilft bei der Anpassung der Therapie
  • Selbstfürsorge: Zeit für sich selbst nehmen, Hobbys pflegen, Unterstützung suchen

Mit der richtigen Unterstützung und etwas Geduld lässt sich trotz Diagnose ein erfülltes Leben führen – manchmal sogar bewusster und gesünder als zuvor.

Häufige Fragen zu "Was ist eine Autoimmunerkrankungen"


Was ist eine Autoimmunerkrankung?
Eine Autoimmunerkrankung entsteht, wenn das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift. Es verwechselt „selbst“ mit „fremd“.
Welche Autoimmunerkrankungen sind am häufigsten?
Häufige Autoimmunerkrankungen sind Hashimoto, Rheuma (RA), Psoriasis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn und Lupus erythematodes.
Sind Autoimmunerkrankungen heilbar?
Nein, in der Regel nicht. Sie gelten als chronisch, lassen sich aber oft gut behandeln und kontrollieren – je früher erkannt, desto besser.
Was sind typische Symptome?
Typische Symptome sind chronische Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Hautausschläge, Verdauungsbeschwerden, Haarausfall oder Brain Fog.
Wie wird eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert?
Diagnose erfolgt meist über Bluttests (z. B. Antikörpernachweis), klinische Symptome und ggf. bildgebende Verfahren oder Biopsien.
Welche Rolle spielt die Ernährung?
Eine entzündungshemmende Ernährung kann Symptome lindern. Viele Betroffene profitieren vom Verzicht auf Gluten, Zucker und stark verarbeitete Lebensmittel.
Ist Stress ein Auslöser?
Ja, chronischer Stress kann Autoimmunprozesse verstärken oder mit auslösen. Stressmanagement ist daher ein wichtiger Teil der Behandlung.
Sind Autoimmunerkrankungen vererbbar?
Es gibt eine genetische Veranlagung. Allerdings spielen auch Umweltfaktoren, Hormone und der Lebensstil eine große Rolle beim Ausbruch.

Ausblick: Was bringt die Zukunft in der Forschung zu Autoimmunerkrankungen?

Die Forschung zu Autoimmunerkrankungen schreitet schnell voran. Immer besser verstehen Wissenschaftler, wie komplex das Immunsystem funktioniert – und welche Faktoren zur Fehlsteuerung führen. Ein großer Hoffnungsträger ist dabei die personalisierte Medizin: Statt „One size fits all“ könnten künftig individuelle Therapien auf genetischer und immunologischer Basis entwickelt werden.

Spannende Forschungsansätze sind:

  • Darmmikrobiom: Der Zusammenhang zwischen Darmflora und Autoimmunprozessen wird intensiv erforscht
  • Gentherapie & Immunmodulation: Neue Therapieformen zur gezielten Steuerung des Immunsystems
  • Biologika der neuen Generation: Noch präzisere Medikamente mit weniger Nebenwirkungen

Außerdem gibt es erste Ansätze, Autoimmunerkrankungen früher zu erkennen – etwa durch spezielle Bluttests oder KI-gestützte Diagnostik. Auch die psychosomatische Komponente wird zunehmend ernst genommen, was zu ganzheitlicheren Therapieansätzen führt.

Weiterführende Quellen & Links zu „Was ist eine Autoimmunerkrankung“:

Die gute Nachricht: Immer mehr Menschen, Ärzt:innen und Forschende beschäftigen sich mit Autoimmunerkrankungen – und die Erkenntnisse der nächsten Jahre könnten das Leben von Millionen Betroffenen deutlich verbessern.