Strompreise verstehen: Warum dein Strom immer teurer wird – und was dahintersteckt
Die Stromrechnung flattert ins Haus – und wieder ist sie höher als im Vorjahr. Viele fragen sich: Warum ist Strom eigentlich so teuer? Und noch wichtiger: Wer verdient daran?
Obwohl die EEG-Umlage 2022 abgeschafft wurde, steigen die Preise weiter. Schuld daran sind nicht nur Kriege, Inflation und Energiekrisen – sondern auch Netzentgelte, CO₂-Abgaben und versteckte Kosten, die kaum jemand kennt.
In diesem Artikel erklären wir dir einfach und verständlich, wie sich der Strompreis zusammensetzt, welche Faktoren ihn beeinflussen – und was du tun kannst, um deine Stromkosten langfristig zu senken.
Warum viele sich über ihre Stromrechnung wundern
Die Strompreise in Deutschland gehören zu den höchsten in Europa – und das trotz zunehmender Einspeisung von günstiger Wind- und Sonnenenergie. Während Produzent:innen an der Strombörse teilweise rekordverdächtige Preise erzielen, zahlen Privathaushalte mehr denn je.
Der Grund: Deine Stromrechnung setzt sich nicht nur aus dem Preis für die erzeugte Energie zusammen. Fast 75 % deines Strompreises bestehen aus Abgaben, Umlagen, Steuern und Netzgebühren. Diese sind gesetzlich geregelt und steigen in vielen Regionen kontinuierlich an.
• Grundpreis + Arbeitspreis: ca. 45 Cent/kWh
• 4-Personen-Haushalt: ca. 1.600–2.000 € pro Jahr
• Nur etwa 25 % davon entfallen auf die eigentliche Stromproduktion
Wie setzt sich der Strompreis in Deutschland zusammen?
Deine Stromrechnung besteht im Wesentlichen aus drei Hauptbestandteilen:
- Erzeugung & Vertrieb: Der Preis für die Stromproduktion, der Börsenpreis, sowie die Marge des Anbieters
- Netzentgelte: Gebühren für die Nutzung der Stromnetze, Ablesung, Transport und Verteilkosten
- Steuern & Abgaben: u. a. Mehrwertsteuer, Konzessionsabgabe, Stromsteuer und der CO₂-Preis
Je nach Region und Stromanbieter können sich diese Anteile leicht unterscheiden – aber die Tendenz ist überall gleich: Der eigentliche Strom macht nur noch einen kleinen Teil deiner Rechnung aus.
Der größte Anteil: Netzentgelte & Abgaben
Die sogenannten Netzentgelte machen rund 25–30 % des Strompreises aus. Sie sind notwendig, um die Infrastruktur (Leitungen, Umspannwerke, Zähler etc.) zu erhalten und auszubauen – vor allem in Zeiten der Energiewende.
Was viele nicht wissen: Die Netzentgelte sind nicht bundesweit gleich, sondern regional unterschiedlich – und gerade in ländlichen Regionen oft besonders hoch. Wer in Mecklenburg-Vorpommern wohnt, zahlt teils doppelt so viel wie jemand in Baden-Württemberg.
Hinzu kommen weitere Posten wie:
- Konzessionsabgabe: Für die Nutzung öffentlicher Straßen durch Stromleitungen (geht an Städte & Gemeinden)
- Stromsteuer: Gesetzliche Abgabe des Bundes
- Mehrwertsteuer: 19 % auf den gesamten Rechnungsbetrag (also auch auf alle anderen Abgaben)
Diese Kosten steigen seit Jahren – unabhängig vom eigentlichen Börsenstrompreis.
CO₂-Preis, Umlagen, Mehrwertsteuer – wer bekommt wie viel?
Ein nicht zu unterschätzender Kostentreiber ist der CO₂-Preis. Seit 2021 zahlen Energieversorger für den Ausstoß von Kohlendioxid – etwa bei der Stromerzeugung aus Kohle oder Gas. Diese Kosten geben sie oft direkt an die Endkund:innen weiter.
Der CO₂-Preis stieg 2025 auf 45 Euro pro Tonne – was sich vor allem bei fossil erzeugtem Strom stark bemerkbar macht. Die Idee dahinter: Klimaschädliche Energie soll teurer, klimafreundliche günstiger werden.
Zusätzlich enthält deine Stromrechnung noch weitere Posten:
- KWKG-Umlage: Für Kraft-Wärme-Kopplung zur Förderung effizienter Technologien
- §19-Umlage: Entlastung stromintensiver Unternehmen (die wir als Verbraucher:innen mitzahlen)
- Offshore-Netzumlage: Für den Anschluss von Windkraft auf hoher See
Und nicht zu vergessen: Die Mehrwertsteuer wird auf alle diese Bestandteile aufgeschlagen – also auch auf Steuern und Abgaben. Damit verdienen Staat und Gemeinden deutlich an deiner Stromrechnung mit.
Staatliche Abgaben am Strompreis (2025, Ø):
• CO₂-Preis & Umlagen: ca. 10 ct/kWh
• Netzentgelte: ca. 11 ct/kWh
• Mehrwertsteuer & Stromsteuer: ca. 8 ct/kWh
Warum der Strompreis trotz EEG-Umlage-Abschaffung nicht sinkt
Im Juli 2022 wurde die EEG-Umlage offiziell abgeschafft – ein großer Schritt zur Entlastung der Verbraucher:innen. Doch wer gehofft hat, dass Strom damit automatisch günstiger wird, wurde enttäuscht.
Der Grund: Die anderen Kostenfaktoren stiegen schneller, als die EEG-Einsparung wirken konnte. Besonders seit Beginn der Energiekrise und des Ukraine-Kriegs im Jahr 2022 explodierten die Großhandelspreise – viele Versorger mussten teuer einkaufen und gaben diese Preise weiter.
Zudem wird die EEG-Umlage indirekt über den Bundeshaushalt finanziert – also durch Steuergelder. Sie verschwand zwar von der Stromrechnung, nicht aber aus dem System.
Globale Einflüsse: Energiekrise, Ukraine-Krieg, Wetter & Börsenpreis
Der Strompreis entsteht nicht nur national – sondern auch durch das Zusammenspiel internationaler Faktoren. Hierzu zählen:
- Ukraine-Krieg: Reduzierte Gaslieferungen, Unsicherheit auf den Energiemärkten
- Gaspreis: Gas wird nicht nur zum Heizen, sondern auch zur Stromproduktion genutzt
- Strombörse (EEX): Angebot und Nachfrage bestimmen den kurzfristigen Preis (Merit-Order-Prinzip)
- Wetter: Wenig Sonne oder Wind = weniger Ökostrom = teurere Stromproduktion
Selbst wenn du Ökostrom beziehst, bist du also vom gesamtwirtschaftlichen Strommarkt betroffen – denn die Preisbildung an der Börse richtet sich nach dem teuersten noch benötigten Kraftwerk (meist Gas).
Was ist die Strompreisbremse – und wie funktioniert sie?
Als Reaktion auf die Energiekrise führte die Bundesregierung 2023 die sogenannte Strompreisbremse ein. Ziel: Haushalte und kleinere Unternehmen vor extremen Kosten zu schützen.
So funktioniert das Prinzip:
- Für 80 % deines bisherigen Jahresverbrauchs gilt ein gedeckelter Preis (z. B. 40 ct/kWh)
- Der restliche Verbrauch wird zum Marktpreis abgerechnet – also oft deutlich teurer
- Wer spart, profitiert doppelt: weniger Verbrauch = mehr kWh zum günstigen Preis
Die Regelung wurde bis Ende 2023 befristet, diskutiert wird derzeit (Stand Mitte 2025), ob ähnliche Mechanismen dauerhaft in sozialen Tarifen oder Krisenzeiten Anwendung finden sollen.
Was du selbst gegen hohe Stromkosten tun kannst
Auch wenn du an Abgaben und Netzentgelten nichts ändern kannst – dein eigener Verbrauch ist der einzige Hebel, den du selbst kontrollierst. Schon kleine Maßnahmen können deine Stromrechnung spürbar senken:
- Altgeräte austauschen: Kühlschränke, Waschmaschinen oder Trockner mit hohem Verbrauch
- Standby vermeiden: Geräte mit Kippschalter komplett ausschalten oder Stecker ziehen
- LED statt Halogen: spart bis zu 90 % Strom bei der Beleuchtung
- Wäsche lufttrocknen: statt Trockner benutzen
- Ökostromtarif mit Preisgarantie: Wechseln kann sich lohnen – oft auch finanziell
Tipp: Viele Stromanbieter bieten Onlineportale mit Verbrauchsanalyse – dort kannst du sehen, wann du wie viel verbrauchst und wo sich Einsparpotenziale verstecken.
Fazit: Strompreise verstehen heißt besser entscheiden
Strom wird nicht einfach teurer, weil „alles teurer wird“ – sondern weil sich der Preis aus vielen Einzelteilen zusammensetzt, die oft undurchsichtig bleiben. Netzgebühren, CO₂-Abgaben, politische Entscheidungen und globale Energiemärkte spielen zusammen – und landen letztlich auf deiner Rechnung.
Wer weiß, warum der Strompreis so hoch ist, kann bewusster entscheiden: über den Anbieter, über den Verbrauch – und über die eigene Haltung zur Energiepolitik.
Deshalb gilt: Strompreise verstehen heißt nicht nur sparen – sondern auch hinterfragen. Und genau damit beginnt echter Wandel.
Weiterführende Links & Ressourcen
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Externe Quellen zur Vertiefung
- Wikipedia: Strompreis – Zusammensetzung aus Erzeugung, Netzentgelten, Umlagen & Steuern
- E.ON-Bericht: Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Energiepreise & Haushaltskosten
- Wikipedia: Gebotszonen und regionale Unterschiede bei Netzentgelten & Preiszonen
- Habeck erwartet niedrigere Strompreise im Osten durch neues Verrechnungsmodell 2025
- VKU & ZVEI: Forderung zur Senkung der Stromsteuer & Netzentgelte zur Verbraucherentlastung