Die Temperaturen steigen, die Luft steht – und das Büro fühlt sich an wie ein Backofen. Viele fragen sich in solchen Momenten: Darf man bei extremer Hitze einfach nach Hause gehen? Gibt es ein Recht auf Hitzefrei für Erwachsene?

Die kurze Antwort: Nein, aber… Denn obwohl es keinen klassischen „Hitzefrei“-Paragrafen gibt, regelt das Arbeitsschutzrecht sehr genau, wann Arbeitgeber aktiv werden müssen – und was Arbeitnehmer tun können, wenn nichts passiert. Wir klären auf.

Grenzwerte laut ASR A3.5 & Arbeitsstättenverordnung

In Deutschland gelten klare Vorgaben für Temperaturen am Arbeitsplatz. Maßgeblich ist die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 – sie beschreibt, ab wann Räume als zu warm gelten und welche Maßnahmen Arbeitgeber ergreifen müssen.

Temperatur Einstufung Arbeitgeber-Pflichten
ab 26 °C Hinweiswert Sonnenschutz, Lüften, Getränke bereitstellen
ab 30 °C Kritischer Wert Maßnahmen sind verpflichtend – z. B. technische Lüftung, Trageerleichterung
ab 35 °C Unzumutbar Raum ist ohne Kühlmaßnahmen nicht mehr als Arbeitsraum geeignet

Die Grenzwerte gelten für alle Arbeitsplätze – egal ob im Büro, Ladenlokal oder Handwerksbetrieb. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber tatsächlich Maßnahmen ergreift, wenn es zu heiß wird.

Recht auf Hitzefrei – Mythos oder Option?

Der Begriff „Hitzefrei“ ist den meisten noch aus der Schulzeit bekannt. Doch anders als bei Schüler:innen gibt es im Arbeitsrecht kein automatisches Recht auf Arbeitsbefreiung bei Hitze. Du darfst also nicht einfach früher gehen oder zuhause bleiben, nur weil es heiß ist.

Aber: Wenn dein Arbeitgeber keine Schutzmaßnahmen trifft und die Raumtemperatur über 35 °C steigt, kann das laut Arbeitsschutz als unzumutbar gelten. In diesem Fall hast du das Recht, dich an den Betriebsrat oder die Arbeitsschutzbehörde zu wenden – und unter Umständen deine Tätigkeit vorübergehend zu verweigern.

⚠️ Achtung:
Eigenmächtiges Verlassen des Arbeitsplatzes – ohne vorherige Rücksprache – kann als Arbeitsverweigerung gelten und zu einer Abmahnung führen!

Was tun, wenn der Chef nichts macht?

Leider kommt es im Sommer immer wieder vor, dass Arbeitgeber trotz Hitze nicht angemessen reagieren. In solchen Fällen solltest du folgende Schritte gehen:

  • Gespräch suchen: Weise freundlich, aber bestimmt auf die Temperatur hin und bitte um Maßnahmen wie Lüftung, Ventilator oder flexible Arbeitszeiten.
  • Betriebsrat einschalten: Dieser kann beim Arbeitgeber formell auf Abhilfe bestehen und notfalls die Aufsichtsbehörde informieren.
  • Maßnahmen dokumentieren: Notiere Temperaturen, Uhrzeit und das Verhalten deines Arbeitgebers – das ist wichtig für spätere Beschwerden.
  • Gesundheit geht vor: Bei Kreislaufproblemen oder Hitzebeschwerden wende dich an den Betriebsarzt oder geh zum Hausarzt – mit Attest kannst du dich ggf. freistellen lassen.
💧 Extra-Tipp:
Ab 26 °C müssen Arbeitgeber geeignete Getränke (z. B. Wasser) bereitstellen – das gehört zur Fürsorgepflicht!

Politische Initiativen & Reformforderungen

Mit der zunehmenden Zahl heißer Sommertage mehren sich die Stimmen, die ein gesetzlich verankertes Recht auf Hitzeschutz fordern. Besonders die Grünen und die Linke setzen sich für konkrete Änderungen ein:

  • Die Grünen fordern Hitzeschutz ab 26 °C: flexible Arbeitszeiten, bezahlte Pausen, Homeoffice-Vorrang und Hitzeaktionspläne für Arbeitgeber.
  • Die Linke plädiert für ein Recht auf Hitzefrei bei 26 °C ohne finanzielle Nachteile – analog zur Schulregelung.
  • Gewerkschaften wie die IG Metall setzen sich für verbindlichere Sanktionen bei Verstößen gegen die ASR A3.5 ein.

Bislang sind diese Forderungen nicht gesetzlich umgesetzt – doch sie spiegeln den wachsenden gesellschaftlichen Druck wider, dem Thema „Hitze & Arbeit“ mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

📊 Hintergrund:
Laut Krankenkassenstatistiken gab es allein 2023 über 92.000 Fehltage aufgrund hitzebedingter Beschwerden – Tendenz steigend.

Erste Hilfe für Beschäftigte & Betriebsräte

Du bist nicht wehrlos, wenn dein Arbeitgeber bei Hitze nichts unternimmt. Diese Maßnahmen stehen dir zur Verfügung – mit oder ohne Betriebsrat:

Für Arbeitnehmer:innen

  • Situation dokumentieren: Temperatur, Uhrzeit, Symptome, ggf. Fotos mit Thermometer.
  • Arztbesuch bei Beschwerden: Ein Attest schützt dich und kann zur Krankschreibung führen.
  • Rechtsberatung suchen: z. B. bei Gewerkschaften, Verbraucherzentralen oder dem DGB Rechtsschutz.

Für Betriebsräte

  • Mitbestimmung einfordern: Nach §87 Abs. 1 BetrVG kann der Betriebsrat bei Gesundheitsschutzmaßnahmen mitentscheiden.
  • Gefährdungsbeurteilung verlangen: Besonders ab 30 °C muss dokumentiert werden, ob der Raum sicher ist.
  • Kontrolle durch Arbeitsschutzbehörde beantragen: Diese kann Arbeitgeber zu Maßnahmen verpflichten.
📌 Gut zu wissen:
Auch Homeoffice ist kein garantierter Hitzeschutz – die Arbeitsschutzregeln gelten dort nur eingeschränkt. Dennoch kann Homeoffice Teil eines individuellen Hitzeschutzkonzepts sein.

Fazit: Kein Hitzefrei – aber viele Rechte

Auch wenn es kein offizielles „Hitzefrei“ im Arbeitsrecht gibt, bist du nicht schutzlos: Ab 26 °C muss der Arbeitgeber erste Maßnahmen ergreifen – ab 30 °C wird es zur Pflicht, ab 35 °C ist der Raum ohne Schutz unzumutbar.

Das Wichtigste ist: Dokumentieren, ansprechen, rechtlich absichern. Wer Hitzeprobleme nicht ignoriert, sondern aktiv auf Verbesserungen hinwirkt, stärkt seine Gesundheit – und oft auch das Betriebsklima.

✅ 5 konkrete Praxistipps:

  • Raumtemperatur regelmäßig messen und notieren
  • Getränke einfordern – das ist Pflicht ab 26 °C
  • Ventilator, Sonnenschutz, mobile Kühlung nutzen
  • Mit Kolleg:innen abstimmen & Betriebsrat einschalten
  • Bei gesundheitlichen Problemen: Arzt oder Hausarzt konsultieren

Fazit: Hitzefrei für Erwachsene mag (noch) kein Gesetz sein – aber gesunder Menschenverstand und Arbeitsschutzrecht geben dir viele Hebel in die Hand.

Häufige Fragen zu Hitzefrei & Arbeitsschutz im Sommer

Habe ich Anspruch auf Hitzefrei im Büro?

Nein, ein automatisches Recht auf Hitzefrei gibt es nicht. Aber ab 26 °C muss der Arbeitgeber erste Schutzmaßnahmen ergreifen – ab 35 °C ist der Raum ohne Kühlung nicht mehr zum Arbeiten geeignet.

Ab welcher Temperatur muss der Arbeitgeber etwas tun?

Ab 26 °C muss der Arbeitgeber Sonnenschutz und Getränke bereitstellen. Ab 30 °C sind technische und organisatorische Maßnahmen Pflicht. Ab 35 °C gilt der Raum ohne Schutzmaßnahmen als unzumutbar.

Kann ich einfach früher gehen, wenn es zu heiß ist?

Nein. Eigenmächtiges Verlassen des Arbeitsplatzes kann als Arbeitsverweigerung gewertet werden. Erst wenn extreme Bedingungen herrschen und keine Maßnahmen getroffen werden, kann eine Verweigerung gerechtfertigt sein – nach Rücksprache!